Karrierekiller Multiple Sklerose?

Mai 26, 2021

Es kann mit einem Kribbeln oder Taubheit in Armen oder Beinen beginnen - und kurze Spaziergänge fallen einem auch nicht mehr leicht. Diese Symptome sind oft erste Anzeichen einer Erkrankung mit Multipler Sklerose (MS), die schwerwiegende Auswirkungen auf viele Lebensbereiche von MS-Patientinnen und Patienten haben können.

Da die Erstdiagnose mit Multipler Sklerose durchschnittlich im Alter zwischen 20 und 40 Jahren1 erfolgt, bedeutet das bereits einen frühen und tiefen Einschnitt in Berufs- und Privatleben während einer besonders aktiven Phase des Lebens: Viele Patientinnen und Patienten sehen sich mit Fragen konfrontiert, wie sich die Erkrankung auf Familie, Partnerschaft, Familienplanung und auch Karriere auswirkt.

Was ist MS

In Österreich gibt es aktuell ca. 13.500 Patientinnen und Patienten mit Multipler Sklerose (MS).2 Jedes Jahr kommen in Österreich etwa 450 Personen mit der Diagnose MS hinzu.3 Frauen sind ca. 2-3 mal häufiger betroffen als Männer.1

MS ist eine entzündliche Autoimmunerkrankung, bei der das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) irrtümlich durch das körpereigene Immunsystem angegriffen und dauerhaft geschädigt wird.

Die Erkrankung zeigt in den meisten Fällen einen von Schüben bestimmten Verlauf, der als schubförmig-remittierende MS („RRMS“) bezeichnet wird, die unbehandelt bereits in jungen Jahren zu einer plötzlichen Verschlechterung des körperlichen und psychischen Zustands führen kann.

Symptome

Die Symptome der MS können sehr vielfältig sein und alle Körperregionen betreffen: Anfangs meist Gangstörungen, Taubheitsgefühl/Kribbeln an den Extremitäten, Koordinationsstörungen, Sehstörungen, im Verlauf der Krankheit zunehmend abnorme Müdigkeit, Gedächtnisstörungen, Depressionen, Sprach- und Schluckstörungen, Blasen- und Stuhlinkontinenz, sexuelle Dysfunktion, Schmerzen und viele andere neurologische Symptome. Daher wird die MS auch als „Krankheit der Tausend Gesichter“ bezeichnet.

Gerade dem Thema Arbeit kommt eine entscheidende Rolle zu, da die Erkrankung die Arbeitsfähigkeit einschränken kann und somit Patientinnen und Patienten eventuell finanzielle Einbußen drohen – mit Hinblick auf die Beschaffung von Heilbehelfen für die Erkrankung ein nicht zu unterschätzender Punkt.

Beruf und Multiple Sklerose

Nicht nur körperliche Einschränkungen stellen eine Belastung für Menschen mit MS am Arbeitsplatz dar: Auch die Angst, den Arbeitgeber zu informieren, den Beruf nicht mehr so ausüben zu können wie bisher oder gar ihren Job zu verlieren, stellen Patientinnen und Patienten mit MS vor eine große Herausforderung.

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Wie sich physische und psychische Folgen einer MS-Erkrankung auf erwerbstätige Patientinnen und Patienten am Arbeitsmarkt auswirken, zeigt eine europaweite Studie aus dem Jahr 2017 mit insgesamt 17.000 MS-Patientinnen und Patienten für Österreich:

  • 43% der befragten MS-Patientinnen und Patienten im erwerbsfähigen Alter gaben an, aufgrund der MS nicht mehr zu arbeiten
  • von MS-Patientinnen und Patienten im erwerbsfähigen Alter mit einem leichten Behinderungsgrad sind 50% nicht mehr berufstätig;
  • fast 26% der MS-Patientinnen und Patienten im erwerbsfähigen Alter bezogen eine Invaliditätspension;
  • 73% der erwerbstätigen MS-Patientinnen und Patienten berichteten, dass die Krankheit ihre Produktivität bei der Arbeit beeinträchtigt;
  • 63% der erwerbstätigen MS-Patientinnen und Patienten gaben an, wegen der Krankheit in Teilzeit zu arbeiten.4

Neue Möglichkeiten durch medizinischen Fortschritt

Um weiterhin und möglichst aktiv am Arbeitsmarkt teilnehmen zu können, ist ein möglichst früher Therapiebeginn entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung. Denn wurden erst einmal Schäden durch MS im Zentralnervensystem verursacht, können sie nicht rückgängig gemacht werden.

Neue Therapieoptionen machen Hoffnung: Sie sind deutlich wirksamer als ältere Medikamente. So können junge Erwachsene die entscheidenden Lebensjahre genießen, ohne ständig an die Krankheit erinnert und durch die Erkrankung möglichst wenig Krankheit beeinträchtigt zu werden.

Was bringt die Zukunft?

Im letzten Jahrzehnt wurden wichtige Meilensteine bei der Verbesserung der Lebensqualität von MS-Patientinnen und Patienten erreicht, vor allem durch innovative Behandlungsoptionen. Um die medizinische Versorgung von MS-Patientinnen und Patienten aber weiterhin zu verbessern und sie möglichst lang im Arbeitsleben zu halten, muss stark in folgende Bereiche investiert:

- Rechtzeitige Diagnose und Zugang zu modernen bildgebenden Geräten

- Einsatz innovativer Therapien zu einem möglichst frühen Zeitpunkt im Krankheitsverlauf, um die kurz- und langfristigen Ergebnisse für Menschen mit MS zu verbessern

- Verbessertes Monitoring und Diagnose der Erkrankung

Sollten Sie MS-Patientin oder -Patient sein, haben Sie ein Recht auf die bestmögliche Behandlung. Reden Sie mit Ihrem Arzt offen über Ihre Symptome und die Ihnen zur Verfügung stehenden Therapieoptionen!

Referenzen

  1. ÖMSB 2020, 32.
  2. European MS Platform (Hg.), MS Barometer 2020 (Brüssel), 15. Baumhackl U., Berger T., Enzinger C. (Hg.), ÖMSB Österreichische Multiple Sklerose Bibliothek. Facultas. Wien. 2020, 29, berichten von 13.205 MS-Patientinnen und Patienten auf der Grundlage einer Analyse von Daten österreichischer Sozialversicherungsträger.
  3. Vgl. ÖMSB 2020, 33: Die jährliche Inzidenz beträgt in den meisten Regionen Europas und Nordamerikas 4 – 8/100.000 Einwohner. 450 neue MS PatientInnen jährlich entspricht einer geschätzten jährlichen Inzidenz von 5/100.000 Einwohner.
  4. Sämtliche Daten aus Berger T., Kobelt G., et al., New insights into the burden and costs of multiple sclerosis in Europe: Results for Austria, Multiple Sclerosis Journal 2017, Vol. 23(2S) 17-28; DOI: 10.1177/1352458517708099