Aus klein mach groß – so entwickelt und skaliert man Medikamentenproduktion

Zwischen der Entdeckung eines neuen, vielversprechenden Wirkstoffes und dem fertigen Medikament liegt oft ein langer Weg: Um erfolgreich eine neue Therapie zu entwickeln, braucht es daher das Wissen und die langjährige Erfahrung vieler unserer Expertinnen und Experten aus unserem Tiroler Werk und Laboren in Kundl/Schaftenau – wie Julia Tröndle.

Aug 16, 2022

Medikamentenentwicklung made in Austria

Ein wichtiger Abschnitt auf dem Weg zum fertigen Medikament passiert bei Novartis Österreich in Tirol: Dort wird sichergestellt, dass vielversprechende, neu entwickelte Substanzen nicht nur in kleinen Mengen wie im Forschungslabor, sondern in ausreichend großen Mengen mit ausreichender Effizienz und Qualität für viele Patientinnen und Patienten produziert werden können. Bei diesen Substanzen handelt es sich am Novartis Campus Kundl/Schaftenau meist um Proteine und Plasmide, wobei letztere wichtige Ausgangsstoffe für Gen- und Zelltherapien bilden.

Dafür braucht es die Zusammenarbeit von mehreren Abteilungen, die wiederum auf ihre eigenen Prozesse spezialisiert sind:

  1. Wirkstoff (Drug Substance Development): Im ersten Schritt geht es darum, das vielversprechende Protein für eine Therapie in größeren Mengen herzustellen als jene, mit denen im Labor gearbeitet wird.
  2. Medikament (Drug Product Development): Dies Abteilung beschäftigt sich damit, wie man das Protein am besten stabil und haltbar macht. So muss zum Beispiel eine ideale Puffer-Flüssigkeit und -konzentration gefunden werden, um das Protein in seiner ursprünglichen Form zu erhalten.
  3. Verpackung (Drug Device Development): Sie sorgen dafür, in was für einem Behältnis das Protein und die Puffer-Flüssigkeit verpackt werden - wie zum Beispiel in einem Glasfläschchen.

Was genau in den einzelnen Prozessschritten passiert, bringen uns Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Novartis näher, wie etwa Julia Tröndle: Sie ist Senior Manager in der Abteilung, die sich mit der Prozessentwicklung zur Herstellung der Proteine und Plasmide beschäftigt.

Vom Wirkstoff zum Medikament 1,2

Im ersten Schritt werden vielversprechende Moleküle in kleinen Mengen im Labor entwickelt und erforscht. Von ca. 5.000 bis 10.000 dieser Substanzen, die in der pharmazeutischen Forschung verwendet werden, werden sich fünf Jahre später nur neun als vielversprechend erwiesen haben.

Nach der Entdeckung dieser Moleküle durchlaufen sie die sogenannte präklinische Phase. Dabei werden diese Substanzen auf mögliche schädliche Wirkungen getestet, wie z. B. ob sie giftig sind, Krebs verursachen oder genetisches Material verändern. Bei diesen Tests wird die Substanz in Zellkultur und später im Tierversuch getestet.

In der darauffolgenden klinischen Phase werden die Medikamente in umfangreichen Studien an einer größeren Gruppen Patientinnen und Patienten getestet. Am Ende bleibt dann meist nur noch eine dieser Substanzen übrig und wird schließlich als neue medikamentöse Therapie zugelassen.

Wirkstoffe produzierende Mikroorganismen

Das besondere an der Medikamentenentwicklung in Österreich ist, dass die fertigen Wirkstoffe nicht durch chemische Syntheseprozesse hergestellt werden, sondern in tierischer Zellkultur oder von Mikroorganismen produziert werden. Genau das begeistert Julia Tröndle so an der Arbeit mit diesen Kleinstlebewesen: „Ich finde es faszinierend, welche unterschiedlichen Produkte nur mit Mikroorganismen hergestellt werden können.“ Sie und ihr Team sind dafür verantwortlich, die Herstellprozesse zu entwickeln, mit denen mithilfe von Mikroorganismen reine Wirkstoffe hergestellt werden können.

In dem Fall von Julia Tröndle und ihrem Team sind die Endprodukte meist Proteine und Nukleinsäuren (Plasmide), die wichtige Ausgangsstoffe von Gen- und Zelltherapien oder mRNA-Impfstoffen sind.

Die Produktion der Proteine und Nukleinsäuren erfolgt durch die Mikroorganismen während eines Fermentationsprozesses. Danach muss das Produkt noch aufgereinigt werden, um das reine Endprodukt von vielen Verunreinigungen zu trennen und so das fertige Produkt zu erhalten.

1. Produktbildung

  • Das Produkt wird von Zellen während des Fermentationsprozesses gebildet

2. Produktisolierung

  • Das Nährmedium, in dem die Zellen wachsen, wird von den Zellen getrennt.
  • Beim Zellaufschluss werden die Zellen zerstört, um an deren Inhalt (z. B. DNA oder Proteine) zu gelangen.
  • Eine erste grobe Trennung der Zellbestandteile und -inhalte findet statt.

3. Produktaufreinigung

  • Mittels biotechnischer Aufreinigungsverfahren, wie zum Beispiel der Chromatografie, werden Verunreinigungen entfernt.
  • Im letzten Schritt erfolgt eine Filtration, um das finale Produkt mit der richtigen Konzentration zu erhalten.

Julia Tröndles spezielle Aufgabe ist es, als Wissenschaftlerin für „Upstream Process Development“ den Fermentationsprozess so zu optimieren, dass eine hohe Produktkonzentration erreicht wird, bei einer gleichzeitig hohen Produktqualität - z.B. möglichst wenig Nebenprodukten. Dabei muss aber darauf geachtet werden, dass der Prozess auch gut im Produktionsmaßstab umsetzbar ist.

 

Julia Tröndle
Über Julia Tröndle
Als promovierte Biotechnologin hat sie viel darüber gelernt, welche faszinierenden Dinge mit Mikroorganismen möglich sind und wie sie in großem Maßstab anwendbar gemacht werden können. Dieses Wissen wollte sie im pharmazeutischen Bereich praktisch anwenden und hat sich daher vor 2 Jahren  für eine Tätigkeit bei Novartis entschieden.
Privat verbringt sie ihre Zeit gern beim Lesen, Bergwandern, genießt gutes Essen und die Zeit mit ihrer Familie.

Darum haben Julia Tröndle und ihr Team eine wichtige Aufgabe bei der Medikamentenentwicklung

Die Forschenden, die die interessanten Moleküle identifizieren, arbeiten in der Regel im Labor und mit nur sehr geringen Mengen des Produktes. Daher braucht es Julia Tröndle und ihr Team: „Unsere Arbeit gewährleistet, dass der Wirkstoff in einer ausreichend großen Menge und Qualität hergestellt werden kann. So können dann anschließend klinische Studien durchgeführt und langfristig die kommerzielle Nachfrage bedient werden.“

Die großen Herausforderungen

Die Endprodukte der Arbeit von Julia Tröndle und ihrem Team werden Patientinnen und Patienten im Rahmen von klinischen Studien und Therapien und auch darüber hinaus per Injektion verabreicht, um zum Beispiel Zellen genetisch zu verändern. Deswegen ist es sehr wichtig, eine sehr hohe und konstante Produktqualität sicherzustellen. Daher ist es essenziell, die richtigen Parameter für die Herstellung herauszufinden – was bei einem neuen Produkt immer eine große Herausforderung darstellt.

 

Unsere Aufgabe ist es, einen Prozess zu finden, mit dem die Qualität des Wirkstoffes eines Medikaments sichergestellt werden kann.

Julia Tröndle

 

Die Zukunft der Medikamentenentwicklung

In die Zukunft blickt Julia Tröndle mit viel Neugier, denn sie verspricht spannende Projekte und bahnbrechende Therapien: „Da wir in unserem Bereich viel an Ausgangsstoffen für Zell- und Gentherapien entwickeln, werden wir im Team zukünftig mit zunehmend mehr individualisierten Medikamenten zu tun haben. Das birgt für die Herstellung neue Herausforderungen - aber das macht es auch spannend!“