Was ist das?

Die paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) ist eine seltene, erworbene hämatologische Erkrankung: Von einer Million Menschen erkranken jährlich etwa ein bis zwei Menschen daran. Die PNH entsteht durch eine Mutation im sogenannten PIG-A Gen auf Ebene einer blutbildenden Stammzelle. Dies führt zu einer Zerstörung von roten Blutkörperchen – den Erythrozyten – durch das Komplementsystem, einem Teil des angeborenen Immunsystems. Die Krankheit tritt meist zwischen dem 25. und dem 45. Lebensjahr auf.

Der Name beruht auf der klinischen Erscheinung der PNH, ist jedoch in vielerlei Hinsicht irreführend. Dass anfallsartige (paroxysmale) Auftreten der dunklen Urinfärbung, die durch den freigesetzten roten Blutfarbstoff (Hämoglobin) entsteht tritt nicht nur nächtlich, sondern auch tagsüber auf. Die sogenannte Hämoglobinurie ist darüber hinaus nur bei ca. einem Viertel aller Patient*innen zum Zeitpunkt der Diagnose nachweisbar. Die Symptome können verschieden stark ausgeprägt sein und der Krankheitsverlauf sowie die Einschränkungen der Lebensqualität können sich sehr unterscheiden. Im Vordergrund steht meist eine ausgeprägte Erschöpfung (Fatigue). Als weitere Symptome können Blutgerinnsel (Thrombosen), Kurzatmigkeit, Schluckbeschwerden und Störungen der glatten Muskulatur auftreten, die wiederum zu krampfartigen Schmerzen in z. B. Brust und Bauch führen und andere Organe wie die Niere und die Lunge schädigen können. 

Eine erworbene genetische Veränderung in den so genannten Blutstammzellen im Knochenmark ist Ursache der Krankheit. Dadurch kommt es zu einer fehlerhaften Bildung eines als Anker wirkenden Moleküls („GPIs“) auf den weißen und roten Blutkörperchen. Die roten Blutkörperchen mit dieser Veränderung werden durch das eigene Immunsystem angegriffen und zerstört. Der dabei freigesetzte Blutfarbstoff Hämoglobin wird schließlich durch den Urin ausgeschieden. Dies führt zu einer Blutarmut (Anämie) mit einer Vielzahl von Symptomen: u. a. Abgeschlagenheit, Atemnot, Bauchschmerzen und Konzentrationsstörungen sowie eine erhöhte Thromboseneigung. Auch die der PNH zugrundeliegende Knochenmark-Schädigung kann zu einer sogenannte aplastischen Anämie führen, dabei werden zu wenig Blutkörperchen gebildet, was eine Armut verschiedener Blutzellen bedingt.

Aufgrund der oft variablen Symptome ist die Beurteilung häufig nur über eine Ausschlussdiagnose möglich. Wird der Verdacht auf eine PNH während der Basisdiagnostik bestärkt, wird eine „Durchflusszytometrie“ durchgeführt, die eine fehlende Expression der GPI-Anker auf verschiedenen Blutkörperchen nachweisen kann. Dabei handelt es sich um eine Laboruntersuchung, bei der Zellen, die in hoher Geschwindigkeit einzeln an einem Lichtstrahl vorbeifließen, auf bestimmte Eigenschaften hin, analysiert werden.

Die Behandlung der PNH hängt davon ab, welche Symptome ausgeprägt sind. Ohne spezifische Therapiemaßnahmen können Thrombosen auftreten und es kann vermehrt zu Komplikationen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Organschäden kommen. Heute sind zur Behandlung der PNH neben supportiven Maßnahmen, wie z. B. Bluttransfusionen und der Gabe von Eisen, Folsäure und Vitamin B12, auch spezifische medikamentöse Therapieoptionen verfügbar. Komplementinhibitoren gelten aktuell als Standardtherapie. Sie können die anhaltende, unkontrollierte Aktivierung des Komplementsystems hemmen, wodurch die Zerstörung der roten Blutkörperchen verhindert wird. Die einzige potenziell heilende PNH-Therapie ist eine sogenannte allogene Stammzelltransplantation, also eine Transplantation von Knochenmark oder Blutstammzellen einer Spenderin oder eines Spenders. Diese ist allerdings mit einem hohen Sterberisiko verbunden und wird nur bei schweren Formen der aplastischen Anämie angewandt.  

Weitere Informationen finden Sie unter:

www.leben-mit-blutkrankheiten.de/blutkrankheiten/pnh