Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Warum gesunde Lebensweise hilft, aber nicht immer ausreicht

Sep 30, 2024

Stellen Sie sich vor, Sie hören von einer Person aus dem Freundeskreis oder der Verwandtschaft, die trotz eines aktiven und gesunden Lebensstils plötzlich mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung kämpft. Solche Geschichten gehen uns nahe und sind alarmierend. Sie lassen uns fragen: Kann das auch mir passieren? Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen wir oft auf veränderbare Ursachen zurück, auf Übergewicht, Rauchen oder Bewegungsmangel. Doch auch bei einem gesunden Lebensstil könnten versteckte genetische Faktoren ein Risiko darstellen, das nicht sofort zu erkennen ist. 

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Deutschland nach wie vor die häufigste Todesursache. Jährlich sterben etwa 350.000 Menschen an solchen kardiovaskulären Krankheiten.1 Die Hauptgründe sind ein ungesunder Lebensstil und dessen Folgen – Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes mellitus und erhöhte Cholesterinwerte. Eine gesunde Lebensweise mit ausreichend Bewegung, einer ausgewogenen Ernährung und Tabakverzicht gilt als der beste Schutz vor Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems.3

Doch funktioniert das wirklich so einfach? Für die meisten Menschen ja. Aber für einige gestaltet sich die Situation weitaus komplizierter: Sie haben genetisch bedingt von Kindesbeinen an erhöhte Cholesterinwerte– und damit auch ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Hier reicht ein gesunder Lebensstil allein oft nicht aus.4,5 

Erhöhtes LDL-Cholesterin als Ursache für kardiovaskuläre Erkrankungen

Schematische Darstellung des menschlichen Gefäßsystems. Im Vordergrund eine vergrößert dargestellte Arterie, die aufgrund einer Fettablagerung verengt ist.

Cholesterinwerte über der Norm – die sogenannte Hypercholesterinämie – gelten heute als der wichtigste Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Besonders das  LDL-Cholesterin steht in direktem Zusammenhang mit einem gesteigerten Risiko. Schätzungen zufolge geht jede fünfte Herz-Kreislauf-Erkrankung auf erhöhtes LDL-Cholesterin zurück.6,7,8 Ein gesunder Lebensstil kann die Werte zwar positiv beeinflussen, aber für Menschen mit der genetisch bedingten familiären Hypercholesterinämie (FH) reicht das oft nicht.9,10

Die Gefahren sind meist unsichtbar und machen sich erst bemerkbar, wenn es bereits zu spät ist. Jahrelang können die erhöhten Cholesterinwerte unbemerkt Schäden an den Gefäßen verursachen, was dann zu schweren kardiovaskulären Erkrankungen führen kann. Schätzungsweise einer von 500 Menschen in Deutschland ist von der FH betroffen – doch nur ein Bruchteil von ihnen ist diagnostiziert und erhält die notwendige medizinische Behandlung.11

Gesunder Lebensstil und notwendige Therapien: Das eine tun, das andere nicht lassen

Drei Erwachsene und ein Kind sitzen an einem Tisch mit verschiedenen Lebensmitteln darauf und lachen.

Die Tatsache, dass manche Menschen genetisch bedingt medikamentöse Unterstützung benötigen, ändert nichts daran: Ein gesunder Lebensstil bleibt für alle essenziell.12,13

Fakt ist jedoch auch: Für Personen, bei denen eine gesunde Lebensweise allein nicht ausreicht, sind zusätzliche Maßnahmen unverzichtbar. Deutschland hat in der Früherkennung und Behandlung besonders gefährdeter Risikogruppen Aufholbedarf. 14 Zum einen gibt es mutmaßlich eine hohe Dunkelziffer an Fällen familiärer Hypercholesterinämie.11 Und zum anderen werden Menschen mit nachgewiesener Hypercholesterinämie häufig unzureichend behandelt und bleiben damit anfälliger für Herz- und Gefäßschädigungen.15,16,17
Die Devise sollte also lauten: vorbeugen, erkennen und handeln. Das sind die Schlüsselelemente, um Herz-Kreislauf-Erkrankungen erfolgreich zu bekämpfen. Und vor allem: das eine tun und das andere nicht lassen.

Mehr Informationen zu Cholesterin und Hypercholesterinämie finden Sie auch hier:

www.lipide.info

 

Referenzen:

  1. Robert Koch-Institut: Herz-Kreislauf-Erkrankungen. https://www.rki.de/DE/Content/GesundAZ/H/Herz_Kreislauf_Erkrankungen/He… (letzter Aufruf am 16.09.2024)
  2. Magnussen C, Ojeda FM, Leong DP et al. (Global Cardiovascular Risk Consortium). Global Effect of Modifiable Risk Factors on Cardiovascular Disease and Mortality. N Engl J Med. 2023; 389(14): 1273-1285. doi: 10.1056/NEJMoa2206916
  3. Yusuf S, Hawken S, Ounpuu S et al. Effect of potentially modifiable risk factors associated with myocardial infarction in 52 countries (the INTERHEART study): case-control study. Lancet. 2004; 364(9438): 937-952. doi: 10.1016/S0140-6736(04)17018-9
  4. Koenig W, Lorenz ES, Beier L. Retrospective real-world analysis of adherence and persistence to lipid-lowering therapy in Germany. Clin Res Cardiol. 2024; 113(6): 812-821. doi: 10.1007/s00392-023-02257-6
  5. Klose G, Laufs U, März W et al. Familial hypercholesterolemia: developments in diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int. 2014; 111: 523-529.
    doi: 10.3238/arztebl.2014.0523
  6. Rosemann T, Bachofner A, Strehle O. Kardiovaskuläre Erkrankungen in der Schweiz – Prävalenz und Versorgung. PRAXIS. 2024; 113(03): 57-66
  7. Nabel EG, Braunwald E. A tale of coronary artery disease and myocardial infarction. N Engl J Med. 2012; 366(1): 54-63. doi: 10.1056/NEJMra1112570
  8. Fulcher J, O'Connell R, Voysey M et al. (Cholesterol Treatment Trialists' (CTT) Collaboration). Efficacy and safety of LDL-lowering therapy among men and women: meta-analysis of individual data from 174,000 participants in 27 randomised trials. Lancet. 2015; 385(9976): 1397-405. doi: 10.1016/S0140-6736(14)61368-4
  9. Katcher HI, Hill AM, Lanford JLG et al. Lifestyle Approaches and Dietary Strategies to Lower LDL-Cholesterol and Triglycerides and Raise HDL-Cholesterol. Endocrinology and Metabolism Clinics of North America. 2009; 38(1): 45-78. https://doi.org/10.1016/j.ecl.2008.11.010
  10. Deutsche Herzstiftung e. V.: Deutsche Herzstiftung befürwortet Gesundes-Herz-Gesetz https://herzstiftung.de/service-und-aktuelles/presse/pressemitteilungen… (letzter Aufruf am 16.09.2024)
  11. Nordestgaard BG, Chapman MJ, Humphries SE et al. European Atherosclerosis Society Consensus Panel. Familial hypercholesterolaemia is underdiagnosed and undertreated in the general population: guidance for clinicians to prevent coronary heart disease: consensus statement of the European Atherosclerosis Society. Eur Heart J. 2013; 34(45): 3478-3490a. doi: 10.1093/eurheartj/eht273 
  12. Heinecke V, Halle M. Lebensstilintervention in der Primärprävention von kardiovaskulären Erkrankungen. Herz. 2020; 45: 30-38. https://doi.org/10.1007/s00059-019-04886-y
  13. Haskell WL. Cardiovascular Disease Prevention and Lifestyle Interventions Effectiveness and Efficacy. J Cardiovasc Nurs. 18(4): 245-255
  14. Townsend N, Wilson L, Bhatnagar P et al. Cardiovascular disease in Europe: epidemiological update 2016. European Heart Journal. 2016; 37(42): 3232-3245. https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehw334
  15. Gouni-Berthold I, Schaper F, Schatz U et al. Lipid lowering therapy in primary and secondary prevention across Europe: are LDL-C goals achieved in Germany? Results from the DA VINCI study. Clin Res Cardiol. 2021; 110, 1350. https://doi.org/10.1007/s00392-021-01843-w
  16. Fox KM, Tai MH, Kostev K et al. Treatment patterns and low-density lipoprotein cholesterol (LDL-C) goal attainment among patients receiving high- or moderate-intensity statins. Clin Res Cardiol. 2018; 107(5): 380-388. doi: 10.1007/s00392-017-1193-z
  17. Gitt AK, Lautsch D, Ferrieres J et al. Contemporary data on low-density lipoprotein cholesterol target value attainment and distance to target in a cohort of 57,885 statin-treated patients by country and region across the world. Data Brief. 2016; 9: 616-620. doi: 10.1016/j.dib.2016.09.037